Schmerzen beim Badminton vorbeugen - mit Foam Rolling & Massage - Teil 1

Viele Sportler und Sportlerinnen plagen sich oft mit Überlastungsproblematiken herum: Tennis- und Golferarm, Jumper's Knee, Läuferknie oder auch Patellaspitzensyndrom genannt, Impingementsyndrom in der Schulter sind neben Rückenschmerzen die "üblichen" Verdächtigen - was tun damit diese erst gar nicht auftreten?

Massagerollen und Co. sind im Sport nicht mehr wegzudenken - für mich seit 2008. Ich hatte vergessen für meine dritte Mentorshipwoche bei Athletes' Performance einen Mietwagen von Deutschland aus zu buchen. Die Buchung am Flughafen war dann fast dreimal so teuer, so dass ich mich entschloss, die täglichen 40 km mit dem Fahrrad zu fahren. Tolle Idee. 20 km hin, 10 Stunden Seminar mit 2 praktischen Einheiten Movementskills und Power-, Kraft- und Ausdauertraining, 20 km zurück. Das ging gut bis Mittwoch Morgen. Bereits nach gut 17 km hatte ich dermaßen Knieschmerzen, so dass ich die letzten 3km schieben musste. Grandios. Beim Training fehlen. Keine Option. Nicht nur kostete jeder Ausbildungstag 750 Dollar, von Flug und Hotel mal abgesehen. Aufgeben ist einfach keine Option. Also schnappte ich mir den Massagestab und malträtierte meine verhärtete Wade und die Oberschenkelmuskulatur dermaßen für gut eine Stunde, dass ich überall zwar blaue Flecken hatte, die Muskulatur aber wieder butterweich - nur von der harten Massage schmerzend - war. Training war dann kein Problem. Am Abend 20km mit dem Fahrrad nach Hause - fast wie ein Neugeborenes. Wenn die Fahrrad fahren könnten.
 
Dies war für mich der Moment, wo ich gesagt habe, diese Sachen müssen rein ins Training. Ich war nicht ganz der erste in Deutschland. Jürgen Klinsmann, begann den DFB und später Bayern München mit den Coaches aus Phoenix um Mark Verstegen umzubasteln und integrierte die damals noch belächelten, aber mittlerweile nicht mehr wegzudenkenden Foam Roller, Minibands und Co. - in Deutschland gabs es insbesondere Foam Roller noch nicht zu kaufen, so dass ich zwei Paletten Pilates Rollen bestellte, die im heimischen Keller zerteilte und lagerte, für die Hamburger Sportler nutzte und auch verkaufte. Witzige Anfangszeit. 
Aber zurück zu meinem Aha-Moment: offenbar war meine Muskulatur so von Muskelkater, Verhärtungen und Triggerpunkten durchzogen, dass diese das Kniegelenk in eine ungewohnte und ungünstige Position gezogen hatte, die Räume in den Gelenkspalten so verengt hatte, dass letztendlich jede Bewegung schmerzte. Das Lösen (ok - es war nicht besonders sanft, ich hatte schon die Idee, die Triggerpunkte platt zu und die Verhärtungen geschmeidig zu rollen) mit dem Massagestab brachte dann das ganze System wieder in die Ausgangsposition - und die Schmerzen waren weg, die Funktion wieder hergestellt. Ein guter Physio schafft dies natürlich auch, aber den hat man meist nicht immer und ständig greifbar, und ist letztendlich dann in der Summe für regelmäßiges Nutzen dann teuer und etwas für Profisportler.
 
   
 
Was passiert, wenn man jetzt nicht gegen diese Triggerpunkte und Verhärtungen anarbeitet? Zunächst kann die Muskulatur nicht optimal arbeiten, um die gleiche Arbeit zu verrichten, muss also intensiver gearbeitet werden und weitere Muskeln, die vorher nur stabilisierend gearbeitet haben, werden hinzugezogen. Beides führt zu Sekundärverhärtungen - und das ganze System wird starrer. Die Verhärtung geht in Richtung Sehnenansatz, wird zur Entzündung - und weil man ja kaum Pause macht, obwohl der Körper danach schreit, wird das Ganze dann chronisch.
 
So einfach kann man vielleicht umschreiben, wie 
 
- Tennisarm und Golferarm durch Überlastungen des Handgelenks, Unterarm und der Schulter
- Patersehenspitzensyndrom durch Überlastungen der Oberschenkel, Adduktoren und Gesäßmuskulatur
- Achillessehnenentzündungen durch Überlastung in Fuß und Wadenregion
- Impingementsysdrom durch Fehlhaltung und Fehlbelastung in der Schulterregion inklusive der Brustmukulatur 
- Rückenschmerzen im Bereich des unteren Rückens 
 
entstehen. Dabei sind es nicht immer "nur" Überbelastungen à la "zuviel" Training und zuwenig Regeneration und Nachsorgen, sondern eben auch Haltungsproblematiken, unausgereifte und schlechte Techniken beim Laufen, Starten, Springen und Landen sowie natürlich bei der Schlagtechnik sowie Folgeketten - schließlich kein eine verhärtete und Fehlhaltung der Schulter zu einer Minderversorgung des Ellbogens führen und auch deswegen z.B. Tennis- oder Golferarm sehr hartnäckig sein.
 
Daher: Massieren, Rollen, Triggern. 
 
Heute gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Tools, die neben den einfachen Stäben, Rollen und Bällen erhältlich sind und von denen ich einige liebgewonnen und in Tasche bzw. Büro liegen habe. In dieser kleinen Artikelreihe möchte ich Euch nun vorstellen und zeigen, wie man den hier oben genannten Problem vorbeugen kann - in dem man optimal vor- und nachbereitete, so dass man Verhärtungen und den Folgeketten entgegenwirken kann.
 
Kommen wir zunächst zur allgemeinen Vorgehensweise, die man immer wieder durchlaufen sollte. Viele Sportler und Sportlerinnen vergessen dies leider. Es kommt ein neues Tool auf den Markt und dies ersetzt dann alles. 
 
Konzentrieren wir uns zunächst auf die Nachbereitung - sprich wie kann man im Cool Down nach dem Training am besten vorgehen:
 
1) Zunächst ganz klassisches Cool Down - locker Auslaufen, am besten auch ein Teil barfuß, dann hat man gleich auch noch etwas für die Fußmuskulatur getan. Der Kreislauf soll noch etwas in Gang bleiben und die ersten Regenerationsmaßnahmen wie Nährstoffversorgung auf den Weg bringen. Das gibt es kostenlos und sollte immer noch an 1.Stelle stehen. Übrigens, was viele nicht wissen: auch ein dynamischen Stabiprogramm kann genau diese Effekte haben!
 
2) Massagepistole - wer eine Massagepistole hat, nutzt diese nach dem Auslaufen um die erste Massagewelle zu starten. Einfach die Muskulatur locker abgehen und auch gar nicht zuviel Druck nutzen - günstige und gute Modelle gibt es schon für ca. 30 EUR (z.B. diese für 30 EUR aktuell bei Amazon im Angebot), die neuen Topmodelle, die ich u.a. im Einsatz habe verfügen mittlerweile über einen Kopf der sowohl warm als auch kalt eingestellt werden kann - dies kann je nach Ziel und Außentemperatur die Regeneration und das Wohlbefinden beschleunigen (z.B. die Reach High 2 bei Amazon).
 
    
 
3)a) Globales Rollen - hier nutzt man am besten die großen Rollen, die es mittlerweile sehr günstig in Sets mit kleinen Rollen und Bällen gibt. Hier kann man einmal den ganzen Körper Wade, Oberschenkel, Adduktoren, Gesäß, unterer Rücken, oberer Rücken und Lattismus bearbeiten und dann auch schon ganz gut reinführen, wo genau stärkere Verhärtungen, harte Muskelstrenge also und Triggerpunkte sind, die man nochmal gezielter später bearbeiten sollte. Vor ein paar Jahren im Trend, etwas vergessen worden, aber für mich immer noch "der R8" unter den Foam Rollern - ein Foam Roller mit vibrierenden Einsatz. Eben noch effektiver, aber auch etwas teurer. Hier bearbeitet man ein bis zweimal pro Muskelgruppe den Muskel mit einem Foamroller oder Massageball 5 bis 20 mal rollend.
 
3)b) Badminton-Problembereiche kennen! In der Trainerausbildung lernt man relativ am Anfang die Muskulatur, die zur Abschwächung, sowie die Muskulatur, die zur Verkürzung neigt. Beide können mit Triggerpunkten "gesegnet" sein, i.d.R. die Muskulatur, die zur Verkürzung neigt etwas mehr. Daher sollte man 3)c) "Reinfühlen" besonders für die folgenden Muskelgruppen beherzigen:
 
- Wadenmuskulatur
- Oberschenkelmuskulatur
- Adduktoren
- Abduktoren
- Brustmuskultur 
- Nackenmuskulatur
 
3)c) Reinfühlen! Kritische Stellen, die man mit dem großen Foam Roller nicht erwischt abtesten bzw. abtasten. Wie fühlt sich die Fußmuskulatur, der Unterarm an, wie die Schulter, der Nacken und auch die Brustmuskulatur (genauer: Pectoralis Minor, der unter dem Schlüsselbein verläuft). Sind hier Verhärtungen, gehen wir diese nochmal extra in Schritt 4 an.
 
4) Spezifisches Bearbeiten der verhärteten Stellen: Diese Techniken sind nur für geübte Anwender durchzuführen und bei Zweifeln ggf. den Trainer oder Arzt zu Rate zu ziehen. Die Techniken sind wie eine tiefe Massage des Physios auch leicht bis mehr schmerzhaft. Hier gibt es verschiedene Techniken, die man mit unterschiedlichen Massageutensilien durchführen kann. Z.b. auf der verhärteten Stelle bzw. dem Punkt Druck ausüben, bis dieser nachlässt und sich auflöst, die kann so zwischen 20-60 Sekunden auch dauern. Eine andere Technik ist ähnlich dem Ausstreichen eines Masseurs oder Physios: man bearbeitet im kleinen Radius 2-5 cm die Stelle und massiert den Punkt sozusagen platt. Eine weitere Technik wäre die Kombination der beiden: man verweil auf der Stelle und macht leichte Bewegungen im körperfernen Gelenk. Dadurch bewegt man relativ die verhärtete Stelle unter dem Mssagetool entlang und bearbeitet sie. Pro Trainingseinheit kann man sich so einer anderen Region widmen, so dass man a) nur 1-2 verschiedene Stellen pro Trainingseinheit bearbeitet und b) in einer Trainingswoche "rundum" arbeitet.
 
5) Globales Rollen oder Flossen zur Nachbereitung: Im letzten Schritt rolle ich gerne noch einmal global - nach dem Motto, a) die verhärte Muskulatur zu glätten und in den übrigen Strang zu integrieren und b) auch Blut- und Nährstoffversorgung nochmal in der betroffenen Region anzukurbeln. Die kann wie in 3)a) erfolgen oder hier kann auch sehr gut "Flossing" zum Einsatz kommen - beide Techniken können auch nochmal kleinere Verhärtungen lösen, die man vorher nicht erwischt hat. Mehr zum Thema Flossing findet Ihr in diesem Artikel (Link: Flossing im Badminton).
 
6) Gelenke neu einstellen: im Optimalfall hat man jetzt bereits neue Beweglichkeit erlangt - die Verknotungen in der Muskulatur haben sich gelöst. Diese neue Beweglichkeit soll der Körper auch nutzen können - also müssen wir dem zentralen Nervensystem dies zeigen. Hier können jetzt optimalerweise passive Dehntechniken, aktive Dehntechniken und Kräftigungsübungen zum Einsatz kommen, in dieser Reihenfolge. Wie dies genau aussehen kann, dazu mehr in Teil 2.
 
Dies ist meine allgemeine Vorgehensweise. Hört sich viel an, ist aber in der Praxis 10-15 Minuten, weil man sich neben den globalen Techniken dann auf 1-2 Regionen beschränkt. Wie die einzelnen Regionen optimal bearbeitet werden können und weitere nützliche Informationen und Techniken findet Ihr im zweiten Teil von "Schmerzen beim Badminton vorbeugen".
 
Viel Spaß beim Ausprobieren,
 
Diemo Ruhnow
 

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