Oft denkt man dabei in deutschen Hallen sofort an die reine physische Fähigkeit „Schnelligkeit“ als Zusammenspiel von Nerven und Muskeln. Dabei liegen die deutlichen (und deutschen) Potentiale in den meisten Fällen woanders.Zunächst möchte ich in diesem Teil einige Grundüberlegungen liefern, bevor ich in Teil 2 ein paar Basisübungen vorstellen werde.
Schauen wir auf das einfache Schaubild (1) zum Start (vgl. BADMINTON Sport 12/2016) wird deutlich, dass ein optimaler Output sich aus zwei Faktoren zusammensetzt:
1) dem Angriffswinkel zum Boden sowie
2) der wirkenden Kraft, die der Sportler generiert.
Foto: Startwinkel Basis / Abdruck
Schaut man sich insbesondere den Unterschied zwischen asiatischen und europäischen Spielern an, fällt auf, dass die Asiaten sich in diesem Vergleich oft leichtfüßiger Bewegen und oft auch andere Lande- und Abdruckpositionen, sowohl vom linken und rechten Bein her gesehen, als auch vom Aufsatz des Fußes – sowohl Richtung des Aufsatzes als auch Belastungsverteilung Fußaußenkante Fußballen – besitzen. Daher können wir die beiden o.g. Punkte noch verfeinern und kommen auf:
1) dem Angriffswinkel und Angriffspunkt zum Boden sowie
2) die rekrutierte Muskulatur (inkl. Reihenfolge der Rekrutierung sowie Art und Intensität der Arbeitsweise der Muskulatur) sowie die beteiligten passiven Strukturen (wie z.B. Sehnen) und die dadurch erzeugte (wirkende) Kraft.
Wie in der letzten Serie zum Aufwärmen (vgl. BADMINTON Sport 6/2018) bereits diskutiert, müssen wir es schaffen im Badminton als quadrizepsdominante Sportart dafür zu sorgen, dass die hintere und seitliche Gesäßmuskulatur innerviert wird und die Kraft somit über die Dreifach-Streckung in Sprunggelenk (durch die Wadenmuskulatur), Kniegelenk (durch die Oberschenkelmuskulatur) und Hüftgelenk (durch die Gesäßmuskulatur) generiert wird und sich die Landeenergie (u.a. in der Achillessehne gespeichert) durch optimales Abbremsen beim Fußaufsatz ohne Fersenkontakt zu nutze zu machen. Durch diese Optimierung der Rekrutierung (=welche Muskulatur soll wann arbeiten) und der Art der muskulären Arbeit (z.B. exzentrischen Abbremsen der Beugung des Sprunggelenkes und isometrische Arbeit im Umkehrpunkt des Abdruckes) werden die Effizienz des Krafteinsatzes (Punkt 2) verbessert. Dies kann natürlich gleichzeitig im Krafttraining geschehen, um die möglichen erzeugten Kräfte ebenfalls zu erhöhen, aber letzteres führt alleine nicht zwangsweise zu der oben beschrieben Verbesserung.
Foto: Startwinkel / Basis zu eng
In dieser kurzen Reihe zum besseren Bewegen auf dem Court möchte ich mich vor allen Dingen dem ersten Punkt widmen. Dazu möchte ich zunächst auf zwei Konzepten eingehen, die meiner Meinung nach uns auf dem Feld nicht schneller machen und durch ein neues Wort (oder besser Bild) ersetzen:
Zur Beinarbeit im Badminton kann man gute Schaubilder machen und die einzelnen Phasen von einander trennen. Nach dem Schlag geht der Spieler in die taktische Spielfeldmitte zurück, führt einen Splitstep aus und wenn er erkannt hat, wo er hinlaufen muss, führt er einen Start in die jeweilige Spielfeldecke aus. Dort angekommen, nehmen wir mal einen Schlag im Hinterfeld an, wird gelandet und sich mit der Landung wieder in die neue taktische Mitte zurück bewegt. Schön und gut. Für ein Schaubild. Schon den meiner Meinung nach guten englischen Begriff „Splitstep“ komplizieren wir in unserer deutschen Sprache mit verschiedenen Begrifflichkeiten wie Tiefenentlastung (was wird hier eigentlich entlastet, wenn es doch darum geht, den Fußballen eben zu belasten) oder Auftakthop. Viel fataler ist aber noch, dass wenn Landungen und Starten, wenn auch nur im Schaubild, von einander getrennt sind, es unsere Spieler auf dem Feld langsamer macht, weil sie eben das tun: Landen und dann aus der Ecke laufen. Genau übrigens der Punkt, wo uns die Asiaten um ein Vielfaches überlegen sind – dies eben gleichzeitig zu tun.
Daher möchte ich einen „neuen“ Begriff vorschlagen: Richtungswechsel. Der Begriff beschreibt aus meiner Sicht gut, was nach einem Stiksmash im Hinterfeld passiert. Man läuft in die eine Richtung, springt, schlägt und kehrt dann direkt wieder um. Nur eben ohne diese Trennung von Landen und dann (irgendwann) Abdrücken. Dem Spieler kann so besser vermittelt werden, dass es zwingend notwendig ist, nach dem Schlag wieder zurückzukehren. Somit gehören Absprung – Schlag – Umkehr zusammen. Das Gleiche passiert auch in der Spielfeldmitte. Man kommt aus einer Richtung vom vorherigen Schlag zurück und bei Erkennen der nächsten Ecke, wechselt man die Laufrichtung zu eben dieser neuen Ecke. Die Elemente Splitstep, Start, Landung und Abdruck zusammengefasst in der Aktion „Richtungswechsel“ als Teil des multidirektionalen Bewegens. Schauen wir nun verschiedene Detailaktionen wie flache und höher ausgeführte Splitsteps oder auch Sprünge, sind dies auch nicht mehr als eben verschiedene Versionen von Richtungswechseln in den Dimensionen Höhe (wie hoch wird der Richtungswechsel ausgeführt) und Breite (=wie breit werden die Füße gesetzt).
Sprechen wir von schneller, weiter und höher ziehen wir aus dieser Begrifflichkeit, diesem Bild, für unsere Spieler mehr heraus. Dies deckt sich auch mit bestehender Wissenschaft bzgl. einer expliziten Herangehensweise (= Richtungswechsel in Landungen & Abdruck zerlegen) und einer impliziten Herangehensweise (z.B. den Richtungswechsel als Bild vermitteln). Schon allein die Sprache, die wir Trainer verwenden, hat einen Einfluss auf die Bewegung und Bewegungsgeschwindigkeit. Sprechen wir von Landungen und Abdrücken oder „noch schlimmer“ Abdruck aus dem Fußgelenk, sind dies interne Coachinghinweise, die den bildlichen oder externen Hinweisen („stell Dir vor die Spielfeldecke ist eine große heiße Herdplatte“, im Output (wie schnell ist unser Spieler, wie schnell lernt unser Spieler) unterlegen sind.
Normalerweise werden die gesamten multidirektionalen Bewegungen im Kindesalter angelegt und müssten nicht trainiert werden. Dies ist aber in der modernen Gesellschaft nicht mehr so. Zudem gehen günstige Bewegungsmuster durch Inaktivität verloren oder durch einseitiges Training durch falsche ersetzt. Daher müssen wir diese fehlenden Bewegungsmuster neu anlegen oder wieder erlernen und in die Gesamtheit („das Spiel“) integrieren. Hier bietet sich ein Mix aus expliziter und impliziter Herangehensweise an. Explizit werden einzelne Bewegungsmuster geschult und diese dann implizit so zur Verfügung gestellt, so dass diese im Spiel richtig abgerufen werden können. Kurzum: je mehr und komplexer der Ball im Spiel ist, desto weniger sollte man vom „wie“, also der technischen Ausführung sprechen, je isolierter im Sinn von vom Spiel entfernt, desto mehr und detailreicher kann man an Bewegungen feilen.
Viel theoretische Überlegung, nun aber zurück zum Ausgangspunkt: Besser Bewegen durch bessere Technik, sprich Angriffswinkel und Angriffspunkt zum Boden optimieren. Die entsprechenden Richtungswechsel können wir uns immer als zweibeinige Sprünge, Landungen und Abdrücke vorstellen. Insbesondere die bei hohen und aggressiven seitlichen Varianten (z.B. Chinasprung ins Hinterfeld) erfordern einen stabilen Fuß, der richtig eingesetzt schon wie eine erste Feder agieren kann. Wenn wir mit dieser Vorstellung an die Sache gehen, können wir sagen, dass wir Verbesserung der Beinarbeit durch Erlernen und Verbessern der multidirektionalen Sprung & Landetechnik (=seitliche, rückwärtige und Sprünge nach vorne) betreiben. Folgende Elemente gehören dann dazu:
i) Training und Ansteuerung eines stabilen Fußes (u.a. Beweglichkeit großer Zeh, Fußkräftigung)
ii) Training der Kniebeuge und Einbeinkniebeuge als Bewegungsmuster mit den gleichen Bewegungswinkeln wie Absprung & Landung
iii) Beidbeiniges und einbeiniges Springen & Landen auf der Stelle
iv) Beidbeiniges und einbeiniges Springen & Landen linear (nach vorne, nach hinten)
v) Beidbeiniges und einbeiniges Springen & Landen lateral (zur Seite)
vi) Kombinationen.
Im nächste Teil werde ich neben ein paar Basisübungen zur Fußkräftigung und Kniebeuge eine kleine Sprungprogression vorstellen, welche ohne Probleme in das Vereins- oder Stützpunkttraining integriert werden kann.
Quellen:
Ruhnow, D. (2010)
Funktionelles Krafttraining im Badminton. Hamburg. Diemo Ruhnow’s Badminton Training.
Viel Spaß beim Ausprobieren,
Diemo Ruhnow
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