Interview: Skills fürs Leben - Teil 4

Was macht eigentlich – Roman Spitko?

Unter dem Motto „Skills fürs Leben durch Badminton – was macht eigentlich ...?“ stehen in der BADMINTON SPORT in diesem Jahr mehrere ehemalige Weltklassespielerinnen und -spieler des Deutschen Badminton-Verbandes (DBV) im Fokus. Für diese Ausgabe des DBV-Verbandsmagazins sprach Diemo Ruhnow, der leitende Bundestrainer Doppel/Mixed im DBV, mit Roman Spitko, einer der wenigen Spieler weltweit, die sich im Einzel und im Doppel für Herrenbereich für eine WM qualifizieren konnten und der immer noch – nur in andere Funktion und anderem Arbeitgeber – auf dem Gelände der Sportschule in Saarbrücken anzutreffen ist. 

Diemo Ruhnow: Dein Abschied aus dem Leistungssport ist ja schon etwas länger her, wann war eigentlich genau, was machst Du jetzt und wie sieht dein Alltag aus? 

Roman Spitko: Ich hab 2007 mein BWL-Studium abgeschlossen, das damals noch ein Diplom-Studiengang war und habe noch im selben Jahr eine halbe Stelle bei meinem heutigen Arbeitgeber, der BSA-Akademie & Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanage ansässig auf dem Campus der Sportschule bzw. des Olympiastützpunktes Saarbrücken, hab da als Dozent / Referent angefangen. Die erste Zeit bis 2009 im Beruf hab ich dann noch im Leistungssport verbracht, bevor ich komplett ins Berufsleben gewechselt bin. Insgesamt waren das dann 10 Jahre im Badminton Leistungssport in Saarbrücken. 

Diemo Ruhnow: Du warst ja als Athlet einer der wenigen, die im Einzel und im Doppel international gespielt haben. Wie war das für dich, wie kam das? 

Roman Spitko: Ich bin 1999 nach Saarbrücken gekommen, hab dann mit Einzel angefangen, weil das meine Lieblingsdisziplin war und ich da auch meine besten Ergebnisse hatte. 2005 bin dann ins Doppel gewechselt und hab dann bis zum Ende meine Laufbahn mit Michael Fuchs Herrendoppel und mit Carina Mette Mixed gespielt. Parallel dazu hab ich in der Bundesliga aber immer noch Einzel gespielt. Bei meiner unorthodoxen Spielweise – ich konnte eigentlich nur ein paar Schläge (lacht) - ist mir das schnelle, explosive Doppeltraining sehr zu Gute gekommen. So hatte ich dann z.B. im ersten Einzel in der Bundesliga dann auch fast alles gewonnen. Dies hat dann dazu geführt, dass ich dann das eine oder andere Turnier dann im Einzel auch noch gemeldet hatte – mit erstaunlich guten Ergebnissen dann auch: Malaysia Open Viertelfinale oder mein Sieg gegen den Vize-Olympiasieger bei den German Open zum Beispiel. Da hatte ich quasi meine beste Einzelzeit, obwohl ich das gar nicht mehr trainiert hatte. 

Diemo Ruhnow: Hat man Dich dann auch auf Grund dessen in Mannschaftwettkämpfen im Einzel eingesetzt? 

Roman Spitko: Ja – es war auch die Zeit, wo die älteren Topspieler wie Oliver Pongratz und Jens Roch aufgehört hatten, Marc Zwiebler verletzt war und letztendlich war ich dann zusammen mit Conrad Hückstedt hinter Björn Joppien im Kampf um die zweite Position. Komischerweise war ich dann auch im Einzel vorne mit dabei und wurde dann auch im Thomas-Cup-Team gebraucht. Das war dann auch teilweise hart: Ich kann mich noch erinnern, wie ich dann in Japan 2005 beim Thomas-Cup-Finale zweites Einzel und zweites Doppel gespielt habe. Das war schon selten, weil es gab es ja nicht auf dem Niveau, dass jemand beide Disziplinen spielt. Teilweise musste der Turnierschedule dann umgestellt werden, weil auch die Organisatoren dies so nicht kannten. 

Diemo Ruhnow: Wenn Du an Deine Badmintonzeit zurückdenkst, was waren für Dich die Highlights? 

Roman Spitko: Das waren natürlich die Erfolge, die man gefeiert hat, insbesondere mit der Mannschaft. Wir waren zwar alles auch Konkurrenten, aber haben uns einfach sehr gut verstanden und waren auch abseits des Courts Freunde. Gerade bei den Mannschaftswettkämpfen hatten wir einen unglaublichen Drive und Zusammenhalt. Wir haben uns nach Jahren wieder 2005 zum Thomas-Cup-Finale qualifiziert, was unser Traum war – das war ein unglaublichen Gefühl, genau wie auch die Erfolge, die ich mich Michael gefeiert habe, und die Einzelerfolge, wo ich gar nicht mehr Einzel trainiert hatte. Das geht aber noch weiter, von den ganzen Deutschen Meisterschaften mit dem 1.BC Bischmisheim bis in den Jugendbereich hinein. Es sind immer so einzelne Momente, wo ich mich gerne zurückerinnere. Das ganze Drumherum, das Leistungssportleben war einfach einmalig. Ich bin auch einfach jeden Tag gerne ins Training gegangen. Auch das Reisen hat mir immer viel Spaß gemacht, das Zusammensein mit den Trainingspartnern – wir hatten einfach immer eine unglaubliche Zeit, wenn wir z.B. zwei Wochen auf Asientour waren. Die Atmosphäre in den großen Hallen, das war genau mein Ding, einfach phantastisch. 

Diemo Ruhnow: Du bist ja einer der wenigen Fälle, die bereits parallel zum Leistungssport in den Beruf eingestiegen. Wie war diese Kombination – Studium und Leistungssport – für Dich damals? 

Roman Spitko: Mir hat das eigentlich sehr gut getan, dass man nicht nur die ganze Zeit über den Sport nachgedacht hat, sondern auch über andere Sachen. Die ganzen Fähigkeiten, die man sich durch den Leistungssport angeeignet hat, sind mir dann natürlich extrem zu Gute gekommen. Ich bin ein guter Organisator glaube ich, hab mir das Ganze gut eingeteilt und bin dementsprechend auch gut klargekommen. Speziell BWL damals ist mir da auch sehr gut entgegengekommen, mit wenig Anwesenheitspflichten oder anderen zeitlichen Einschränkungen. 

Diemo Ruhnow: War das für Dich nach dem Jugendbereich von Anfang an klar, dass es dieser Weg sein soll? 

Roman Spitko: Nach der Jugend hatte ich zwei große Ziele: Ich wollte studieren und vor allem wollte ich in den Leistungssport rein. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass ich in der Jugend eher schlechter war, ich war nie in der Nationalmannschaft, hatte mich zwar für Deutsche Meisterschaften und Ranglisten qualifiziert, aber ich wollte immer weiter nach oben. 

Diemo Ruhnow: Wie war das damals mit der Finanzierung, es war ja doch noch eine etwas andere Zeit. 

Roman Spitko: Dadurch, dass ich in der Jugend nicht vorne mit dabei war, hatte ich wenig Förderung, zum Beispiel auch keinen Wohnheimsplatz. Meine Eltern haben mich unterstützt, etwas ist durch meinen 2.Bundesligaverein und meinen Ausrüstervertrag reingekommen. Nach einem Jahr in Saarbrücken hab ich dann die Sporthilfe bekommen und dann war eine gute Finanzierung da, um auf der einen Seite zu leben und auf der anderen Seite auch den Sport machen zu können, ohne noch zusätzlich arbeiten zu müssen. Mit dem zunehmenden Erfolg ist dies dann auch mehr geworden. Da sind wir bei uns in der Sportart im Vergleich zu anderen olympischen Sportarten ja gesegnet: wir haben ja viele Möglichkeiten als Sportler Einkommen zu generieren. Verein, Ausrüster, Sporthilfe, die regionalen Förderer, für mich hier im Saarland noch die saarländische Sporthilfe und dann noch eben Preisgelder, wenn die Erfolge da sind. Mitte der 2000er war ich dann mit Michael bei kleinen europäischen Turnieren immer im Halbfinale oder Finale, bei großen Turnieren im Achtelfinale. Dann ist mit einmal auch Geld reingekommen. Wenn ich das mit anderen Sportarten vergleiche, wo es keine Bundesliga oder individuellen Sponsor gibt, da stehen wir im Badminton richtig gut dar. 

Diemo Ruhnow: Du hast jetzt die Zeit mit Michael angesprochen. Seid ihr auch eine Olympiaqualifikation angegangen? 

Roman Spitko: Ja. Wir haben dies 2008 versucht, haben dies aber auch hinter Ingo [Kindervater] und Kristof [Hopp] um ein paar Plätze verpasst. Damals war das Teilnehmerfeld schon auf 16 Plätze begrenzt, es konnten sich auch noch 3 Paare pro Nation qualifizieren – wir haben es probiert, hatten auch eine gute Zeit, teilweise auch gute Ergebnisse erspielt, aber habend es dann einfach nicht geschafft. 

   

Diemo Ruhnow: Hat für Dich da – auch jetzt rückblickend – in Deiner Karriere etwas gefehlt? 

Roman Spitko: Nein, gar nicht - die sportliche Karriere war von so vielen tollen herausragenden Events geprägt. Im Nachhinein ist das kein Makel, es war nie so, dass ich dachte, ‚hättest du das mal geschafft, hättest du einfach mehr gemacht‘. Wir hatten damals alles gegeben – ich bin sicher nicht der Talentierteste, hab das durch viel Training und Einsatz geschafft und bin absolut mit dem zufrieden, was ich erreicht habt. Das war schon mehr als ich mir, als ich begonnen habe, erträumen konnte. 

Diemo Ruhnow: Wie war für Dich damals am Übergang zum Beruf, Stichpunkt Bewerbungsgespräche? 

Roman Spitko: Für mich hat der Leistungssport da die Weichen gelegt. Meine Firma, wo ich jetzt arbeite, liegt ja in unmittelbare Nähe zum OSP. Der Laufbahnberater damals hatte für mich das Bewerbungsgespräch arrangiert und mein Chef ist ein super Chef, der da auch hinsichtlich des Sports sehr flexibel war. 

Diemo Ruhnow: Was machst Du jetzt genau, was hast Du für eine Position mittlerweile? 

Roman Spitko: Wir sind ja ein Bildungsinstitut im subakademischen Bereich und dann auch als Hochschule im akademischen Bereich. Aktuell bin ich Dozent bzw. Referent für BWL und Marketingthemen, hab auch eine Fachleitung, d.h. Führungsverantwortung für über 60 Mitarbeiter, die zentral und aber auch dezentral in Deutschland verteilt sind. 

Diemo Ruhnow: Welche Qualitäten, die Du aus dem Leistungssport mitgenommen hast, sind in Deinem Berufsalltag wichtig? 

Roman Spitko: Mein Job ist charakterisiert von der Führungsverantwortung, es geht um den Umgang mit Teams und wie man mit Teams oder im Team umgeht, lernt man im Sport. Auf der persönlichen Ebene ist Zielorientierung wichtig, für mich war nach dem Sport klar, dass ich auch im Beruf weiterkommen möchte. Diese Zielorientierung und Fokussierung, die man im Sport gehabt hat, kann man sehr gut auf das Berufsleben übertragen und hat es dann besser als andere die, dies nicht erlernen konnten. Die Willenskraft, die da dahinter steht, auch mal die Extrameile zu gehen. Die wichtigsten Kompetenzen, die ich aktuell brauche sind Geduld- und Problemlösungskompetenzen – ich habe tägliche Probleme zu lösen, im Badminton hab ich alle 15 Sekunden Probleme zu lösen, mit denen muss man umgehen und zwar relativ schnell ohne in Stress und Panik zu verfallen. Dies kommt mir unheimlich zu Gute, ich bin es gewohnt ruhig Probleme lösungsorientiert anzugehen. Man lernte mit Niederlagen umzugehen, hat aber in dem schnelllebigen Geschäft keine Zeit sich damit lange zu beschäftigen. Niederlagen musste man akzeptieren und dann überlegen, wie man das Beste draus macht, sich neu fokussiert. So ist es im Job letztendlich auch, da geht es auch Schlag auf Schlag. Die Geschwindigkeit hat ja in den letzten Jahren extrem zugenommen. 

Diemo Ruhnow: Für die jungen Spieler: Was ist aus Deiner Sicht nötig, um ein erfolgreicher Badmintonspieler zu werden? 

Roman Spitko: Man muss sich gut um seinen Körper kümmern, dass hätte ich auch besser machen können. Ich würde mich noch mehr mit vermeintlichen Randthemen wie Ernährung, Psychologie und der allgemeinen Körperpflege wie Stretching, Athletik und Co. beschäftigen. Was uns zu Gute gekommen ist, ist das 2005 eingeführte Athletiktraining, damals bei Oli Mülbredt – wir hatten kaum noch kleinere Verletzungen die Zerrungen oder Muskelfaserrisse, dass war einfach sehr wichtig, um langfristig spielen und trainieren zu können. Neben dem tagtäglichen auf dem Feld, musst man einfach die anderen Bereich abdecken, damit man gesund bleibt. Was mir immer auch wichtig war, auch mal den Geist zu entspannen – da hat mir das Studium gut geholfen, aber auch mal Urlaub zu machen. Nur mit einem entspannten Geist kann man auch gut sein, am Ende entscheidet ja der Kopf. In Deutschland machen wir uns generell immer viel Druck, bei uns waren immer die gut, die sehr locker, aber dennoch fokussiert an die Sache herangegangen sind. Und – ganz wichtig: Motivation und Wille, man muss jeden einzelnen Tag alles geben. Das hat uns damals ausgezeichnet, wir haben uns immer gebattelt und gegenseitig hochgeschaukelt, es waren viele dabei, die die Extrameile gegangen sind dafür. Wer nun abspult und Dienst nach Vorschrift macht, wird es nicht schaffen – wie auch im Berufsleben! Mein Tip für die Jugend: auch einfach drauf einlassen. Es gibt nichts besseres („geileres“) in dieser Zeit als ein Leistungssportleben zu führen, weil man da Erlebnisse bekommt, die bleiben einem sonst verwehrt, da kann man noch so tolle Dinge machen. Was Leistungssport ausmacht, dass kann man nur erfahren, wenn man es auch gemacht hat, man wird es ein Leben lang nicht vergessen und ein Leben lang davon profitieren. 

Diemo Ruhnow: Vielen Dank für das Interview und alles Gute weiterhin! 
 
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